Buchbesprechungen
Für unterwegs
Düll, Ruprecht & Düll-Wunder, Barbara (2023): Feldbestimmungsschlüssel für die Moose Deutschlands, Österreichs und der Schweiz. – Quelle & Meyer, 64 S; ISBN 978-3-494-01967-3; 14,95 € (D)
Moose sind ein wichtiger Teil der Bepflanzung von Aquarien und Terrarien. Wenngleich die heimische Diversität zur rein submersen Begrünung nicht allzu viel Auswahl bietet, eignen sich an Land oder im Halbfeuchten gedeihende Laub-, Leber- oder Hornmoose durchaus für eine Vielzahl an Terrarien oder Paludarien in Haus und Garten.
Für diejenigen, die sich in ihrer Umwelt vor der eigenen Türe nach Moosen umsehen möchten, stellt sich immer auch die Frage nach der Zuordnung und Eignung – z. B. hinsichtlich des Feuchtigkeitsbedarfs. Der neue Feldbestimmungsschlüssel stellt einen Auszug des Bestimmungsschlüssels aus dem im selben Verlag erschienenen Werk „Die Moose Mitteleuropas“ dar, mit dem unter Zuhilfenahme einer Lupe sämtliche bei uns vorkommenden Gattungen und viele Arten bestimmt werden können. Wobei bereits vorhandenes Wissen, insbesondere hinsichtlich der Terminologie, notwendig sein dürfte.
Darüber hinaus ist auch mit diesem reinen Bestimmungsschlüssel (der keinerlei Bilder enthält) ein Praxisnutzen aus vivaristischer Perspektive vorhanden, denn es finden sich jeweils Angaben zu den Standorten, etwa „schattig feuchte Plätze“, „nur in Mooren“ etc., und zu den bevorzugten Höhenlagen. Somit kann man die gefundenen Moose, wenn bestimmbar, auch gemäß ihrer Eignung einschätzen. Für diejenigen, die ernsthaft nach Kandidaten zur Vivarien-Bepflanzung suchen, kann das nützlich sein. Und zwar direkt vor Ort, denn das Büchlein passt in wirklich jede Tasche. Wichtig ist natürlich, eventuell bestehende Schutzbestimmungen zu respektieren.
Sebastian Wolf
Geschichten und Gefühle
Crump, Martha L. (2024): Lost Frogs & Hot Snakes: Herpetologists’ Tales from the Field. – Comstock Publishing Associates, Ithaca, NY, 320 S.; ISBN-10: 1501774484; 12,67 Euro (E-Book) bzw. 26,15 Euro (Taschenbuch).
Die amerikanische Ökologin und Herpetologin Martha L. Crump verfasste bereits interessante Werke zum Thema Herpetologie (besonders empfehlenswert: „In Search of the Golden Frog“). Dabei richtete sie sich nicht nur an spezialisierte Akademiker. Das gilt auch für ihr neues Buch „Lost Frogs & Hot Snakes“, in dem sie als Herausgeberin wirkt und die mehr oder minder abenteuerlichen Erlebnisse von insgesamt 49 Herpetologinnen und Herpetologen zusammengetragen hat. Namen von Rang sind dabei – Indraneil Das, Jodi Rowley, Aaron Bauer, William Lamar, Kate Jackson oder Dante Fenolio, um wenige zu nennen. Hinter jedem Namen steht eine Geschichte aus dem Feld, und den Protagonisten, also den Amphibien und Reptilien, deretwegen die Leute in Wald, Gebirge und Wüste unterwegs sind, wird inhaltlich durchaus Platz eingeräumt. Die Herpetofauna-Mischung ist bunt, Schlangen, Frösche, Echsen etc. Rein technisch ein diverses Werk.
Grundsätzlich hinterlässt es einen positiven Eindruck, wenngleich mit gemischtem Beigeschmack. Dafür gibt es drei Gründe, die nach und nach auffallen. Ein Großteil der Geschichten spielt auf dem amerikanischen Kontinent, während Asien und Ozeanien im Vergleich deutlich schwächer vertreten sind und Afrika sowie Europa nur marginal auftauchen. Zudem hängt es von den jeweiligen Wissenschaftlern ab, wie gut die Geschichten sind. Und leider driften so manche in die Beschreibung eigener Gefühlsregungen ab. Tut mir leid, aber in Zeiten, in denen selbst Politiker und Fußballtrainer in Interviews gefragt werden, wie sie sich „fühlen“, will ich nicht auch noch das Innenleben von Wissenschaftlern erkunden. Ergo: Nicht jedes Gefühl taugt zur Geschichte, nicht jede Geschichte zum veröffentlichten Abenteuer.
Sebastian Wolf
Sri Lankas Gewässer
Rohan Pethiyagoda & Hiranya Sudasinghe (2021): The Ecology and Biogeography of Sri Lanka: A Context for Freshwater Fishes. – WHT Publications (Private) Limited, Colombo. xiv+258 S. Kostenloser Download auf researchgate.net.
Das bereits 2021 veröffentlichte Buch wurde von Autoren und Verlag nun auch zur kostenlosen Nutzung bereitgestellt (dafür können Sie den abgebildeten QR-Code nutzen). Wenngleich der Fokus auf den Fischen liegt, findet sich eine Vielzahl an Informationen zu anderen Organismen in diesem Referenzwerk, das nicht ausschließlich Wissenschaftler als Zielgruppe hat, sondern an alle naturkundlich Interessierte adressiert ist. Zunächst werden Entstehungsgeschichte, Geologie, Klima, Vegetation und Biogeografie umfassend, aber gleichzeitig gut nachvollziehbar behandelt, und die Fülle an Informationen zu den Kernthemen Diversität, Verbreitung und Ökologie der Süßwasserfische ist überwältigend.
Auch der interessierte Aquarianer kann diesem Übersichtswerk eine Menge an Informationen entnehmen, wenn er nur bereit ist, sich etwas einzuarbeiten. Einige Arten Sri Lankas sind als Aquarienfische überaus beliebt, andere sind wieder aus dem Angebot verschwunden, was vor allem mit einem absolut restriktiven Ausfuhrverbot zusammenhängt.
Die Gestaltung empfinde ich über das ganze Buch hinweg als sehr gelungen. Karten sowie Grafiken sind gut lesbar, die Bilder (auch die Unterwasseraufnahmen) von hoher Qualität. Eingestreut zwischen den Kapiteln wurden Supplemente (in Form von Kurzartikeln), das lockert dieses doch umfangreiche Werk zusätzlich auf. Das Literaturverzeichnis am Ende ist in der Ausführlichkeit sicher einmalig. Ein fantastisches Buch, das wärmstens empfohlen werden kann!
Sebastian Wolf
Die Garnelen-Lücke wird kleiner
Requena, José María, Werner Klotz & Neli Martín (2020): Garnelen im Aquarium. Das Handbuch. – Dähne Verlag GmbH, Ettlingen; 343 S.; Klappenbroschur; ISBN: 978-3-944821-54-2
Süßwasser-Garnelen starteten in der Aquaristik richtig durch, als das Internet für den Großteil der Hobbyhalter so langsam zur meistgenutzten Informationsquelle wurde. Eins plus eins ist immer noch zwei, und so findet sich zu den kleinen Krebsen nur wenig populärwissenschaftliche Literatur in gedruckter Form. Natürlich gibt es diverse Buchtitel, deren Anzahl ist jedoch außerdordentlich gering, wenn man die enorme Beliebtheit der kleinen Wirbellosen gegenüberstellt. Die auf letztere Gruppe ausgerichtete Zeitschrift Caridina kommt dem Informationsbedarf nach – wie für alle Zeitschriften im Vivaristik-Segment gilt aber, dass man, um z. B. möglichst viele veröffentlichte Beiträge zu einem Thema (einer Art, Gattung etc.) zu sammeln, einige Recherche betreiben muss. Das kann mühsam sein, Zeit benötigt es auch.
„Garnelen im Aquarium“, das bereits 2020 erschien (und hier aufgrund des Titelthemas noch „nachgereicht“ werden soll), ist damit automatisch von einiger Relevanz. Die Aufgabe: eine Lücke füllen, also den Mangel an aggregiertem und in eine Publikation gestecktem Wissen über Süßwassergarnelen kompensieren. Das gelingt in diesem Werk auch absolut überzeugend. Den größten Teil nehmen die Art- bzw. Gattungskapitel ein – so ziemlich alles, was aquaristisch von Bedeutung ist, wird hier vorgestellt, zumindest in Bezug auf die Zwerggarnelen (Caridina und Neocaridina). Zentrales Element ist immer die Frage, zu welcher Art (sofern beschrieben) die im Hobby bekannten und beliebten Vertreter gehören. Hier hat sich über die Jahre doch einiges geändert. Besonders gelungen finde ich die Hinweise, welche Varianten denn nun auf Wildformen zurückgehen und welche auf Selektionszucht beruhen oder gar Hybriden darstellen. Diese Klarheit ist bei dem diffusen Informationsangebot elementar wichtig – vielleicht alleine schon deshalb, da einige der beliebtesten Arten hochgradig in ihren natürlichen Beständen bedroht sind. Auch die Hochzucht wird vorgestellt, und hier dürfte vieles nach dem Lesen klarer werden. Selbst allerlei eher selten gehaltene Arten finden Erwähnung, auch solche, die noch nicht lange in der Szene vertreten sind. Der allgemeine Teil ist vergleichsweise kürzer, der Wasserchemie wird dabei allerdings recht viel Raum bereitgestellt. Die Möglichkeiten der Wasseraufbereitung finden bedauerlicherweise nur am Rande Erwähnung, auch wenn es sich angeboten hätte, die verschiedenen aquaristisch angewandten Methoden der Aufbereitung gesondert zu erläutern. Denn nichts wird derart kontrovers diskutiert wie das richtige Wasser für die kleinen Krabbler. Sehr gut ist: garnelen-toxische Konzentrationen von Ammonium, Nitrit, Kupfer und Co werden dezidiert genannt. Auch die häufigsten Infektionen, Parasiten und Behandlungsmöglichkeiten (bei Garnelen leider eng begrenzt) werden am Buchende erwähnt. Im Grunde ist alles dabei, den Hauptteil stellen aber ganz klar die Artvorstellungen dar.
So lässt sich festhalten: ein ausgezeichnetes Werk, informationsdicht und qualitativ hochwertig bebildert. Auch Fortgeschrittene werden gut versorgt und Neulinge nicht ausgeschlossen, und wer noch keinerlei Faible für Garnelen verspürte, lässt sich bei der Ansicht vielleicht doch noch umstimmen. Wenn dies der Gegenpol zum digitalen Informationsangebot ist, dann gilt: Wer braucht schon Internet?
Sebastian Wolf
Praxisbezug?
Levin Keller (2022): Aquaponik. Das Handbuch für Einsteiger. – Kleinstadt Fachbuch- und Medienverlag, Bamberg; 143 S.; ISBN-13: 979-8485547370; 8,99 € (E-Book), 16,90 € (Taschenbuch), 29,90 € (Gebundenes Buch)
Aquaponik ist eine Art Heilsversprechen: Die Kombination aus Aquakultur und Nutzpflanzenzucht soll Ressourcen schützen, insbesondere das Wasser besser nutzen, und den Einsatz von Kunstdünger unterbinden. Das System produziert meist Fische oder Krebse und essbare Pflanzen in einem Kreislaufsystem. Klingt natürlich super. So super, dass es längst auch entsprechend medial verwertet wurde. Das bekommt man zu spüren, wenn man sich nach den erforderlichen Systemen erkundigt: Die gibt es, aber sie sind kostspielig, wenn man nicht selber basteln will oder kann. Hier herrscht im Handel die Annahme, dass umweltbewusste Leute alle ein ordentlich gefülltes Bankkonto ihr Eigen nennen und wirklich jeden Preis bezahlen, wenn dem Produkt das Label Nachhaltigkeit zugeschrieben wird. Ein Fischbecken inklusive zweier Pflanzenbeete und Technik (Pumpe, Verrohrung) zur Be- und Entwässerung, halbwegs schmuck gestaltet (das Ganze ist ja auch „Lifestyle“), kostet dann einfach mal an die 4.000 €. Inklusive Blähton, immerhin.
Wer Bücher zum Thema sucht, hat die Qual der Wahl. Das hier vorgestellte „Handbuch für Einsteiger“ behandelt Grundlagen und Terminologie recht ausführlich, bietet aber in Relation wenig Konkretes zum Thema Selbstbau und Betrieb – das sind aber doch die eigentlich am meisten interessierenden Aspekte für neugierige, tatenwillige Einsteiger. Diese wollen anhand von Anleitungen nachvollziehen, wie sie ein solches System selber in die Tat umsetzen können.
Uns als Aquarianer interessiert davon abgesehen natürlich insbesondere, was solche Bücher zum Thema Wassertiere und deren Haltung so zu berichten haben. Im hier vorgestellten Ratgeber widmet der Autor mehrere Kapitel dem Thema Fische, und er unterscheidet zwischen Speise- und Zierfischen. Zu Recht weist er darauf hin, dass allerlei Vorüberlegungen wichtig sind, um den Besatz zu wählen, etwa Endgröße, Wachstumsgeschwindigkeit und Vermehrungstyp. In den Artkapiteln stellt er dann allerdings Fische vor, die aufgrund ihrer Größe und/oder sonstigen Ansprüche nun wirklich keinen geeigneten Besatz für Aquaponik-Systeme im trauten Heim darstellen. Bei allem Respekt: Die genannten Arten sind Nutzfische für größere, dann sicher kommerziell ausgelegte Anlagen in entsprechend isolierter und beheizter Umgebung (Tilapie, Barramundi) oder mit hohen Ansprüchen an das Wasser (Forelle). Das Buch wirbt allerdings um Einsteiger als Zielgruppe. Da wäre eher die Frage zu behandeln gewesen, ob es überhaupt (als Speisefische brauchbare) Arten gibt, die sich mit den begrenzten Kapazitäten einer Privathaushalt-Aquaponik abfinden. Immerhin wird der Karpfen noch vorgestellt.
Die Zierfisch-Alternativen sind laut Autor Koi und Goldfisch. Das ist extrem mau, zumal der Text dann alles andere als sauber bleibt: So werden Goldfische als schwieriger zu halten als Kois dargestellt, ihr Temperaturbedarf ist mit 25–27 °C angegeben. Vielsagend sind auch Sätze wie „Im Allgemeinen gibt es zwei Arten von Goldfischen – mit zwei Schwänzen und mit einem Schwanz“. Aha. Viel Vergnügen den Aquaponik-Einsteigern, die mit diesem Wissen auf Goldfisch-Einkauf gehen. Wobei Neulinge sich vielleicht doch auf Kois konzentrieren sollten: „Aufgrund ihrer Anpassungsfähigkeit und Unverwüstlichkeit sind sie bei Anfängern sehr erfolgreich.“ Viele werden jetzt konsterniert feststellen: Diese Koi-Anfängerphase haben wohl die meisten von uns übersprungen. Damals, da wusste man das alles aber einfach noch nicht, was man heute weiß. Glücklicherweise ließe sich die Koi-Initiation dank Aquaponik nachholen … Es ist erstaunlich, wie unverblümt heutzutage fehlendes Wissen, auch theoretischer Art, dargeboten wird.
Sebastian Wolf