Buchbesprechungen
Wasserwelten – bunt gemischt
Anonymus (2023): Unter Wasser - Entdecken Verstehen Mitmachen. – Bohem Press, 72 S.; ab 5 Jahren; Steifbroschur mit Metallicfolienprägung und offener Fadenheftung; ISBN 978-3-95939-219-8; 17,95 € (D); 18,50 € (A); 24,50* SFr
Bücher „für Klein und Groß“ bringen idealerweise nicht nur Kindern etwas bei, sondern auch Erwachsenen – natürlich ohne dass Letztere zuzugeben brauchen, dass sie Aufholbedarf haben, denn man hat das Buch ja für den Nachwuchs angeschafft. Die Wasserwelten im vorliegenden Werk werden unkonventionell präsentiert, angefangen bei der Aufmachung: Der stabile Karton beider Buchdeckel ist knapp so dick wie alle Seiten zusammen. Das Layout der Seiten ist überaus divers, von Fotos über comicartige Bilder bis zu (an historische Abbildungen erinnernde) Farbtafeln von Tieren. Nachdem man sich damit vertraut gemacht hat, ist das aber insgesamt ganz nett. Ein meines Erachtens gestalterischer Fehlgriff findet sich nur auf einer Seite – in einen blauen Hintergrund einkopierte Fotos typischer „Korallenfische“ haben etwas von einem Bildschirmschoner aus den Neunzigern.
Inhaltlich ist „Unter Wasser“ breit aufgestellt, thematisch springt das Buch hin und her, zwischen Tiergruppen, Lebensräumen und anderem, das ist für die gereiftere Leserschaft vermutlich gewöhnungsbedürftiger als für Kinder, die sind flexibler im Nutzungsverhalten. Es darf jedenfalls nicht nur gelesen, sondern auch gerätselt, gemalt sowie gegrübelt werden.
Ein kleiner Einschub über Aquarien findet sich ebenfalls, wobei der Tenor hier ist: „Ein Aquarium? Ganz schön schwierig.“ Als Aquarianer wünscht man sich natürlich immer, dass auch thematisch ganz weit ausgelegte Bücher etwas Werbung für die Welt hinter Glas betreiben bzw. zumindest die Neugier wecken. Davon abgesehen behandelt das Buch die für Groß wie Klein meist verborgen bleibende und geheimnisvoll erscheinende Welt unter Wasser in ungewohnter, aber sicher lehrreicher Weise.
Sebastian Wolf
Die komplizierten Fadenfische
Schäfer, Frank (2023): Aqualog News Bookazine No. 13; 140 S.; ISBN 978-3-939759-49-2; 14,90 €
Es ist endlich da, das Bookazine Nr. 13. Laut Editorial von Frank Schäfer ist es die letzte Ausgabe, die regulär erscheint. Später soll die Reihe nur noch sporadisch veröffentlicht werden. Von Liebhaberstücken ist die Rede.
Hauptthema sind die beliebten, aber taxonomisch und systematisch nicht einfachen Fadenfische. Im ersten Artikel geht es um deren Namen. Schäfer versucht mithilfe umfangreicher Recherchen herauszufinden, wie die Fadenfische korrekt heißen, d. h. benannt werden können. Er sucht in ichthyologischen Sammlungen und in alter Literatur nach Hinweisen. Daraus ist eine umfangreiche Arbeit geworden.
Der zweite Beitrag handelt von den dicklippigen Fadenfischen. Den Leserinnen und Lesern werden die Fundorte der Colisa-Arten aus Myanmar und den angrenzenden Staaten vorgestellt. Dazu gibt es viele historische Zeichnungen und Fotos der einzelnen Colisa-Arten. Die letzten Seiten, die für die Haltung und Pflege im Aquarium interessant sind, haben mir am besten gefallen.
Der dritte Artikel beschäftigt sich mit dem Thema „Aussterben der Europäischen Flusskrebse“. Das empfand ich als unübersichtlich zu lesen, da zwischen dem eigentlichen Fließtext verschiedene Krebse beschrieben werden. Für den Leser wäre es besser, wenn diese Porträts gemeinsam am Ende des Beitrags stehen würden. Im Anschluss ist ein „Diskurs über den Krebspest-Erreger“ angefügt.
In der Summe: Es ist ein Bookazine, das ich gerne ins Bücherregal stelle.
Elfriede Ehlers
Des Aquarianers wichtigste Ressource
Krause, Hanns-J., Bernd Kaufmann (2023): Handbuch Aquarienwasser – Wasseranalyse und Wasseraufbereitung. – Ulmer Verlag, 7. aktualisierte Auflage; ISBN 9783818616328, 166 S.; 25,00 E
Im bede-Verlag erschien 1990 das „Handbuch Aquarienwasser“ von Hanns-J. Krause. Sicher haben es viele Aquarianerinnen und Aquarianer im Lauf der Jahrzehnte gelesen. Nun erschien im Ulmer-Verlag die 7. aktualisierte und überarbeitete Auflage. Bernd Kaufmann hat das Werk gründlich überarbeitet und das neue Kapitel „Algen“ hinzugefügt. Die Grundlagen zur Wasserchemie sind gut verständlich beschrieben. Die Leser erfahren, wie die einzelnen Parameter getestet und gegebenenfalls verändert werden können. Der Umgang mit den benötigten Chemikalien wird genau erklärt.
Naturnahe Methoden der Wasseraufbereitung fehlen ebenfalls nicht, etwa die Torffilterung. Genannt werden auch nachhaltigere Alternativen, die das Wasser mit Huminsäuren anreichern können, wie z. B. Seemandelbaumblätter, Erlenzäpfchen und das getrocknete Laub einiger heimischer Laubbäume. Immer wieder wird darauf hingewiesen, wie wichtig ein Wasserwechsel im Aquarium ist. Das Wasser, das aus der Leitung kommt, ist grundsätzlich von guter Qualität. Im Bedarfsfall muss es eben aufbereitet werden. Auch hierzu gibt es viele Informationen. Algen im Aquarium kennt jeder und wir sollten das Kapitel aufmerksam lesen. Mithilfe der Empfehlungen von Bernd Kaufmann werden sie nicht zur Plage.
An den Seitenrändern finden sich Tipps und kleine Blöcke mit der Überschrift „Gut zu wissen“. In den Buchklappen stehen weitere nützliche Hinweise – eben so, wie Praxisnähe heute präsentiert wird. Das „Handbuch Aquarienwasser“ ist in dieser überarbeiteten Form überaus lesenswert und gut verständlich geschrieben. Bilder und Grafiken helfen dabei. Ich habe einige neue Informationen zum Umgang mit Aquarienwasser bekommen.
Elfriede Ehlers
Innenansichten
Klinkhardt, Manfred (2022): Fische Anatomie Physiologie Lebensweise. – Schweizerbart’sche Verlagsbuchhandlung, Stuttgart, 388 S, 364 farbige Abbildungen; ISBN 978-3-510-65543-4; 54,90 €
Spickt man hier und da in ältere Lehrbücher, hinterlassen diese häufig den Eindruck, dass Lernen und Verstehen offenbar wenig Freude bereiten dürfen. Getreu dem Motto: je komplexer das Thema, umso anstrengender für die Lesenden. Menschen mit naturwissenschaftlichem Studium in ihrer Biografie haben darum sicher oftmals noch ihren eigenen, papiergewordenen Alptraum im Kopf. Gut, dass sich Zeiten ändern, und noch besser, dass sich umfassende Zusammenhänge auch dem neugierigen Laien vermitteln lassen – es kommt zum großen Teil vor allem auf die Sprache und die Präsentation an. Dem vorliegenden Werk gelingt der Spagat zwischen Verständlichkeit und exakter Wissensvermittlung, was gerade deswegen bemerkenswert ist, da es laut Autor geschrieben wurde für „alle Leser, die sich im weitesten Sinne für Fische interessieren“. Aquarianer sind da ebenfalls eingeschlossen!
Der Aufbau ist klassisch – zuerst Einleitung, dann Untergliederung in Kapitel und Unterkapitel je nach Strukturen, Organen und Funktionen des Fischkörpers, abschließend stehen die Verzeichnisse (Literatur, Stichworte und Namen). Die Sprache ist angemessen sachlich, aber nie dröge, und sie bringt den Inhalt „auf den Punkt“. Laien (im Sinne von allen, die sich nicht wissenschaftlich mit Fischbiologie, -anatomie und -physiologie beschäftigen) dürften grundsätzlich hervorragend bedient werden. Viele der Abbildungen zeigen Aquarienfische, das hat definitiv seinen eigenen Reiz, besonders für den Teil der Leserschaft, der selbst Tierhalter ist. Farblich abgesetzte Boxen zu Wissenswertem und Kuriosem runden den Gesamteindruck ab – dass derartige gestalterischen Kniffe nicht bloß dazu dienen, das Gehirn des modernen Menschen bei Laune zu halten, wird nach der Lektüre klar.
Manche Bücher schlägt man auf und merkt bereits wenige Minuten nach dem Durchblättern: Volltreffer. Klinkhardt‘s „Fische“ ist ein solcher. Aquarianer, deren Interesse über ästhetische Betrachtungen, trendige Technik oder teure Neuimporte hinausgeht, und die wissen möchten, wie ihre Pfleglinge „funktionieren“, brauchen die richtige, sprich bezahl- und bedienbare Lektüre – hier ist sie.
Sebastian Wolf
Querschnitt durch die Welt der Kriechtiere
Sandra Honigs & Markus Juschka (2023): 111 Reptilien, die täglich unsere Welt verbessern. – Emons Verlag; 240 S.; ISBN 978-3-740812751; 18,00€
Derzeit (Stand: Ende 2022) sind 11.940 Arten von Schildkröten, Krokodilen, Echsen, Doppelschleichen, Brückenechsen und Schlangen beschrieben. Davon werden uns im Buch 111 vorgestellt – mal sind es mehr, mal weniger bekannte Vertreter. Die beiden Autoren sind Fans dieser Tiergruppe und entstanden ist ein Werk, in dem sie ihre Begeisterung teilen wollen – wie üblich in der „111er-Reihe“ nicht nur mit den Eingefleischten, sondern mit allen Interessierten.
Die Reise geht um den Globus, die schwierige Lage, in der sich viele Arten befinden, immer im Fokus: Das Marojejy-Blattchamäleon lebt endemisch auf Madagaskar und ist äußerlich hervorragend an seine Umgebung angepasst. Die kleine Population hat nur ein Problem, denn es werden immer mehr Bäume abgeholzt, damit die Landwirtschaft größere Flächen bekommt. Da nützt alles Tarnen nichts, wenn der Lebensraum vernichtet wird … Hoffnung besteht beim Philippinen-Krokodil: Es sorgte bereits in Europa für Nachzuchten, die inzwischen in der Heimat ausgewildert wurden und sich dort hoffentlich vermehren. Die Westliche Blindschleiche ist bei uns heimisch, und wir erfahren, dass sie gar keine Schlange, sondern eine Echse ist. Die Unterscheidungsmerkmale werden gut verständlich erklärt. Für Bewanderte ein alter Hut – aber ein für die Allgemeinheit gedachtes Sachbuch hat grundsätzliche Aufklärungsarbeit zu bewältigen.
Ein knapper Text auf der einen, ein tolles Foto auf der anderen Seite, dies für jede Art, machen Lust aufs Lesen. Mit dem Kauf wird der Artenschutz unterstützt: Das Honorar der Autoren geht an die Zoologische Gesellschaft für Arten- und Populationsschutz e.V. Dem Werk wünsche ich viele Leser, damit die interessanten, oft verkannten Reptilien viel populärer werden.
Elfriede Ehlers