Rössels Recht
Dietrich Rössel arbeitet nach über 20 Jahren als Rechtsanwalt in einer Naturschutzbehörde und stellt uns regelmäßig die neuesten Rechtsfragen rund um das Tier vor.
(Heim-)Tierzucht und Umsatzsteuer
Das Finanzgericht Münster (Az. 5 K 3037/19 U) hatte sich mit der Frage zu befassen, unter welchen Umständen die Zucht von Heimtieren – hier ging es konkret um eine Hundezüchterin – als umsatzsteuerpflichtiges Unternehmen einzustufen ist. Die Hundezüchterin hatte Erlöse erzielt, die oberhalb der Kleinunternehmergrenze lagen. Diese Grenze ist in § 19 UStG geregelt: Wer im letzten Kalenderjahr einen Bruttoumsatz von nicht mehr als 22.000 Euro hatte und im laufenden Jahr voraussichtlich nicht mehr als 50.000 Euro erzielen wird, zählt als Kleinunternehmer und ist nicht umsatzsteuerpflichtig.
Die Züchterin wandte sich gegen die Festsetzung von Umsatzsteuer: Sie habe aufgrund der strengen Regularien ihres Verbandes derartig hohe Kosten, dass die Hundezucht steuerlich nur eine Liebhaberei sei. Insbesondere trete sie nicht wie eine Händlerin auf, sondern betreibe die Hundezucht nur aus Liebhaberei mit entsprechend hohem Aufwand.
Hiermit blieb sie jedoch erfolglos. Das Gericht behandelte sie als Unternehmerin, sodass ihre Umsätze aus der Hundezucht der Umsatzsteuer zu unterwerfen waren. Die Hundezucht der Klägerin sei nicht lediglich eine „private Vermögensverwaltung“, sondern eine „wirtschaftliche Tätigkeit“ im Sinne des § 2 UStG. Hierbei sei auch ihre mehrjährige und damit nachhaltige Tätigkeit zu berücksichtigen, nicht aber der hohe Aufwand und das Betreiben der Hundezucht in ihrem Privathaushalt. Ebenso müsse Berücksichtigung finden, dass sie nach außen werbend als Züchterin auftrat. Entscheidend sei nicht der finanzielle Gesamterfolg, sondern der Umsatz.
RA Dietrich Rössel, Königstein
Kaufrecht: Ein ideales Tier kann nicht erwartet werden!
Das Amtsgericht Erding (Az.: 3 C 2794/19) hat der Klage eines Tierkäufers gegen eine gewerbliche Tierzüchterin nur zu einem geringen Teil stattgegeben. Das Tier, das als „dem Tierarzt vorgestellt, entwurmt, geimpft und gechipt“ verkauft wurde, hatte verschiedene Abweichungen vom „perfekten Zustand“ und musste nach dem Kauf noch tierärztlich behandelt werden. Dem Käufer wurde jedoch nur ein Teil der aufgewendeten Tierarztkosten ersetzt, ferner ein Minderungsbetrag in Höhe von 5 % des Kaufpreises.
Das Gericht führte aus, eine „übliche Beschaffenheit“ könne nicht mit dem „biologischen oder physiologischen Idealzustand“ gleichgesetzt werden. Die kaufrechtlichen Regelungen über die Sachmängelhaftung seien zwar auch beim Kauf von Tieren anzuwenden. Dazu müsse aber erst einmal ein Mangel vorliegen. Nicht jedes gesundheitliche Risiko aufgrund der individuellen Anlagen des Tieres könne bereits als Mangel eingestuft werden. Das bedeute, dass ein Käufer, dem es gerade auf bestimmte „Ideal-Eigenschaften“ eines Tieres ankomme, sich genau diese Eigenschaften vertraglich zusichern lassen müsse, wenn er mehr als die „übliche Beschaffenheit“ fordern wolle.
Mit bestimmten Problemen müsse der Käufer eines Tieres daher rechnen; so schließe beispielsweise die Notwendigkeit, bei einem Hund Milchzähne operativ entfernen zu lassen, je nach Hunderasse nicht aus, dass man noch von einer „üblichen Beschaffenheit“ ausgehen könne. Ein bei Übergabe des Tieres vorhandener Atemwegsinfekt rechtfertige jedoch die Annahme eines Mangels, sodass die Tierarztkosten ersatzfähig seien. Insoweit gilt, dass ein Käufer, wenn die Behandlung einer Erkrankung umgehend nach dem Erwerb eines Tieres durchgeführt werden muss, den Verkäufer abweichend vom Gesetzeswortlaut der §§ 437, 439 BGB nicht zur Nacherfüllung auffordern muss. Er darf vielmehr aus Tierschutzgründen selbst einen Tierarzt aufsuchen und dem Verkäufer anschließend die Kosten in Rechnung stellen.
Darüber hinaus war eine Minderung nur in geringem Umfang zulässig, da das Tier die versprochene Ahnentafel nicht hatte. Eine Ahnentafel sei jedoch ein wertbildender Faktor.
RA Dietrich Rössel, Königstein
Gefahrenabwehr: Verwaltungsrechtliches Tierhaltungsverbot ist nicht nur aus Tierschutzgründen möglich!
Das Verwaltungsgericht Göttingen (Az.: 1 B 55/21) hatte sich mit der Frage zu befassen, ob die Haltung eines gefährlichen Tieres unter Missachtung von Sicherheitsvorschriften dazu führt, dass dem Tierhalter die Haltung von Exemplaren einer Tiergruppe generell untersagt werden darf.
Der Halter eines Hundes, der sich durch sein Verhalten als gefährlich erwiesen hatte, verstieß mehrfach gegen den rechtskräftig angeordneten Maulkorbzwang. Die zuständige Gemeinde verfügte daher nicht nur, dass er das konkrete Tier abzugeben habe, sondern untersagte ihm die Hundehaltung generell. Der Versuch des Tierhalters, hiergegen gerichtlich vorzugehen, scheiterte. Die hartnäckigen Verstöße gegen Vorschriften zur Gefahrenabwehr rechtfertigten nach Ansicht des Gerichts nicht nur die Wegnahme des konkreten Tieres, sondern auch das generelle Hundehaltungsverbot. Wer die Verantwortung, die mit der Haltung eines gefährlichen Tieres verbunden sei, hartnäckig ignoriere, der müsse sich schon aus Gründen der Gefahrenabwehr damit abfinden, dass ihm die Haltung von Exemplaren der gesamten Tiergruppe aus Sicherheitsgründen verboten werde.
RA Dietrich Rössel, Königstein
Schadensersatz und Tierschutz
Das Landgericht München I (Az.: 20 O 5615/18) hat dem Eigentümer eines Hundes, der von einem Auto angefahren wurde, Schadensersatz in Höhe von rund 20.000 € zugesprochen.
Hier ist besonders von Bedeutung, dass dem Tierhalter u. a. auch eine Erstattung der hohen Kosten der Tier-Physiotherapie gewährt wurde – aufgrund der Tatsache, dass das noch im Wachstum befindliche Tier sich eine Pfote gebrochen hatte. Die Kosten betrugen hier ein Mehrfaches des Kaufpreises für ein vergleichbares Tier. Hier kommt der Grundsatz der Mitgeschöpflichkeit des Tieres (Art. 20a GG, § 90a BGB) zum Tragen – der Tierhalter hat unter Umständen einen wesentlich höheren Anspruch als nur den auf Ersatzbeschaffung.
RA Dietrich Rössel, Königstein
Schluss mit Bleischrot in Feuchtgebieten
Am 25.01.2021 hat die EU-Kommission im Rahmen der EU-Chemikalienverordnung eine Maßnahme verabschiedet, um die Verwendung von Blei in Munition in Feuchtgebieten und in deren Nähe einzuschränken. In der EU werden derzeit jährlich bis zu 5.000 Tonnen (!) hochgiftiges Blei in Feuchtgebieten freigesetzt. Die Alternativen, beispielsweise Stahlschrotkugeln, sind auch nicht teurer als die Bleimunition. Die nationalen Rechtsvorschriften zur Begrenzung der Verwendung von Bleischrot in Feuchtgebieten sind damit nun harmonisiert und wirksamer geworden. Allerdings werden die neuen Vorschriften erst in zwei Jahren in Kraft treten.
Die EU-Kommission geht davon aus, dass durch die Neuregelung allein eine Million Wasservögel jährlich gerettet werden können. Auch andere am und im Wasser lebende Tierarten werden von der Einschränkung der Bleimunition profitieren.
RA Dietrich Rössel, Königstein