Rössels Recht
Dietrich Rössel arbeitet nach über 20 Jahren als Rechtsanwalt in einer Naturschutzbehörde und stellt uns regelmäßig die neuesten Rechtsfragen rund um das Tier vor.
Auf ein Neues: Tierkauf
Wieder einmal musste der Bundesgerichtshof sich mit rechtlichen Fragen zum Tierkauf befassen (Urteil vom 27.05.2020, Az. VIII ZR 315/18).
Der Verkäufer eines Tieres haftet nach dieser Entscheidung nur dafür, dass es bei Übergabe („Gefahrübergang“) nicht krank ist und dass es sich auch nicht in einem Zustand befindet, aufgrund dessen es mit hoher Wahrscheinlichkeit erkranken wird. Eine anderslautende, individuelle Beschaffenheitsvereinbarung ist jedoch zulässig.
Wenn das Tier also von der „physiologischen Norm“ abweicht, dadurch aber nur eine geringe Wahrscheinlichkeit besteht, dass es künftig aufgrund klinischer Symptome für seinen eigentlichen Verwendungszweck nicht genutzt werden kann, gilt das Tier nicht als mangelhaft. Das trifft auch für ein vom „Idealzustand abweichendes Verhalten zu: Nicht jedes abweichende Verhalten ist ein Mangel.
Gleichzeitig nahm der BGH nochmals zur Frage der kaufrechtlichen Beweislastumkehr beim Kauf von einem Händler an einen privaten Käufer Stellung: Die Beweislastumkehr zugunsten des Käufers tritt bereits dann ein, wenn sich innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang ein Zustand am Tier zeigt, der eine Mangelhaftigkeit begründet, weil eben die geschuldete Beschaffenheit des Tieres bei Übergabe nicht vorlag (es sei denn, der Verkäufer kann tatsächlich beweisen, dass der Zustand bei Übergabe des Tieres noch nicht vorhanden und auch nicht angelegt war).
Damit hält der BGH an seiner bisherigen Rechtsprechung zum Tierkauf fest, vgl. auch Az. VIII ZR 32/16 und VIII 69/18). Ein „optimales Tier“ darf also nicht erwartet werden.
RA Dietrich Rössel, Königstein
Anspruch auf optimale Unterbringung eines in Betreuung gegebenen Tieres
Das AG München (Az.: 241 C 9143/21) hat den Antrag einer Tierhalterin zurückgewiesen, die im gerichtlichen Eilverfahren („einstweilige Verfügung“) gegenüber der Betreiberin einer Tierpension die bessere Unterbringung ihrer Tiere durchsetzen wollte.
Die Betreiberin der Pferdepension hatte der Besitzerin von zwei Pferden grundlos verwehrt, dass ihre Tiere noch auf die Weidekoppel gehen durften (was aber vertraglich vereinbart war). Die Tierhalterin versuchte, den Zugang zur Weide für ihre Pferde mithilfe einer Einstweiligen Verfügung zu erzwingen, scheiterte hiermit jedoch. Das Gericht ging hier davon aus, dass etwaige physische und psychische Belastungen der Tiere auch auf andere Weise vermieden werden könnten als durch die kurzfristige Gewährung des Weidezugangs, etwa durch das Ausführen der Tiere. Jedenfalls bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache sei dies zumutbar.
Nachdem sich zwischenzeitlich das Veterinäramt eingeschaltet hatte, hatte die Betreiberin der Pferdepension die Tiere wieder auf die Weidekoppel gelassen. Damit hatte sich der Grund für den Erlass der Einstweiligen Verfügung erledigt; das LG München I wies die sofortige Beschwerde gegen die erstinstanzliche Entscheidung daher zurück.
RA Dietrich Rössel, Königstein
Kein Honorar bei mangelnder tierärztlicher Untersuchung und Behandlung
Mit Urteil vom 22.04.2021 (Az.: 565 C 7082/19) hat das Amtsgericht Hannover die Honorarklage eines Tierarztes abgewiesen. Der Kläger hatte einen Tumor am Hund der Beklagten operativ entfernt und Folgeuntersuchungen durchgeführt. Zwei Monate später starb das Tier und die Beklagte weigerte sich, die Tierarztrechnung zu bezahlen.
Die Klage des Tierarztes hatte keinen Erfolg: Nach durchgeführter Beweisaufnahme ging das Gericht davon aus, dass der Tierarzt die Hundehalterin nicht ordnungsgemäß beraten habe und dass die Operation auch nicht nach den Regeln der tierärztlichen Kunst durchgeführt worden sei. Vor allem konnte der Tierarzt seine Behauptung, die Hundebesitzerin habe eine „Behandlung um jeden Preis“ verlangt, nicht beweisen. Der Tierarzt habe vor der Operation auch versäumt, das Tier ausreichend gründlich auf eine etwaige Metastasierung des Tumors zu untersuchen. Bei fachgerechter Untersuchung hätte er nämlich feststellen können und müssen, dass der Tumor bereits gestreut hatte und dass das Tier hätte euthanasiert werden müssen. Die mangelhafte Aufklärung der Tierhalterin und die ebenso mangelhafte Überprüfung des Gesundheitszustands des Tiers vor dem Eingriff machten den Honoraranspruch des Tierarztes daher zunichte.
RA Dietrich Rössel, Königstein
Wohin mit dem Geld im Tierschutz?
Das VG Trier (Az.: 8 L 2530/21.TR) hat eine behördliche Anordnung bestätigt, mit der gegen einen Verein, dessen satzungsgemäßer Zweck der Tier- und Naturschutz ist, ein Sammlungsverbot ausgesprochen wurde.
Der Verein bot nach Ansicht des Gerichts keine ausreichende Gewähr für die satzungsgemäße und einwandfreie Verwendung der Erträge seiner Sammlung. Da der Verein allenfalls einen Bruchteil der gesammelten rund 10 Millionen Euro überhaupt ausgegeben habe, bestünden erhebliche sammlungsrechtliche Zweifel, ob eine zweckentsprechende Verwendung der Rücklagen überhaupt beabsichtigt sei. Der Verein habe auch nicht dargelegt, dass er seine Rücklage in den kommenden Jahren zweckentsprechend verwenden wolle. Da das Sammlungsgesetz das Ziel verfolge, das Vertrauen der Bevölkerung in die ordnungsgemäße Verwendung von Sammelerträgen zu bewahren und auch andere Veranstalter von Sammlungen vor unlauterer Konkurrenz zu schützen, sei das behördliche Eingreifen auch geboten.
RA Dietrich Rössel, Königstein
Tierhalterhaftung: Kein automatischer Haftungsausschluss zwischen Tierhalter und Tiernutzer!
Das LG München I (Az.: 20 O 2974/19) hat entschieden, dass die Tierhalterhaftung nach § 833 BGB auch dann weiterbesteht, wenn eine verletzte Person vertraglich mit dem Tierhalter verbunden ist.
Im konkreten Fall ging es um die Ansprüche einer Reiterin, die mit der Halterin eines Pferdes eine Reitbeteiligung vereinbart hatte und von dem Tier verletzt wurde. Die Halterin des Tieres – bzw. wohl ihre Haftpflichtversicherung – versuchte sich aus der Haftung mit dem Argument zu befreien, zwischen Halter und Reitbeteiligter sei ein stillschweigender Haftungsausschluss zustande gekommen.
Diese Argumentation überzeugte das Gericht nicht. Ein Haftungsausschluss sei ausdrücklich vertraglich zwischen den Parteien zu regeln. Wenn dies nicht der Fall sei, könne wegen der oft weitreichenden Konsequenzen nur im Ausnahmefall von einem solchen Haftungsausschluss ausgegangen werden.
Da im vorliegenden Fall die Reiterin auch in die Tierhalter-Haftpflichtversicherung mit aufgenommen worden und selbst verpflichtet gewesen sei, eine Unfallversicherung abzuschließen, sei von einem solchen Ausnahmefall keinesfalls auszugehen.
Grundsätzlich sollte allerdings jeder, der privat mit fremden Tieren umgeht, vorab die haftungsrechtlichen Fragen klären.
- Wer ein Tier „hütet“, haftet aus Tierhüterhaftung neben dem Tierhalter nach § 834 BGB. Als – auch gelegentlicher – Tierhüter sollte man mit seiner Privathaftpflichtversicherung klären, ob die Tierhüterhaftung mit eingeschlossen ist (meist ist das der Fall, wenn man nur gelegentlich beispielsweise gefälligkeitshalber auf das Tier des Nachbarn aufpasst).
- Wer sein Tier Dritten überlässt oder Dritte auch nur auf sein Tier aufpassen lässt, sollte mit seiner eigenen Tierhalter-Haftpflichtversicherung klären, dass eine etwaige Haftung des Tierhüters gegenüber Dritten mitversichert ist. Soweit es sich um kleinere Tiere handelt, wird in der Regel die „normale“ Privathaftpflichtversicherung die Risiken des Tierhalters abdecken. Insbesondere bei Hunden, Pferden und gefährlichen Tieren muss jedoch vom Halter immer eine Tierhalter-Haftpflichtversicherung abgeschlossen werden, um eine unbeschränkte persönliche Haftung für Schäden, die das Tier verursacht, auszuschließen.
- Zwischen dem Tierhalter und demjenigen, der mit dem Tier umgeht, sollte eine klare Regelung bezüglich der Frage bestehen, ob ein Haftungsausschluss gewollt ist, falls das Tier den Tierhüter verletzt. Das sollte auch der Haftpflichtversicherung bekanntgegeben werden.
RA Dietrich Rössel, Königstein